Heilpraktikerschwemme? Chancen und Herausforderungen für Neulinge in der Psychotherapie

Heilpraktikerwschwemme? Haben wir denn nicht schon genug Psychos

Inhalt

Der Entschluss, sich als Heilpraktiker*in Psychotherapie selbstständig zu machen, ist oft nicht nur ein beruflicher Schritt, sondern eine tiefgehende persönliche Reise. In einem Feld, das mit sensiblen und intimen Themen arbeitet, erfordert der Beruf neben Fachwissen und Einfühlungsvermögen auch die Bereitschaft zur eigenen inneren Entwicklung. Dieser Artikel beleuchtet die Gründe des „Warum“. Was treibt Menschen an auf dem Weg zur psychotherapeutischen Heilpraxis. Dazu auch die Besonderheiten, in einem Markt mit scheinbar vielen angehenden Kolleg*innen Fuß zu fassen.

Psychische Gesundheit im Fokus: Die Nachfrage und der gesellschaftliche Bedarf

Psychische Probleme, wohin man schaut. Zuerst waren es die Folgen der Covid-Pandemie, dann Leistungsdruck und multiple Belastungen durch persönliche und berufliche Herausforderungen. Laut einem Bericht der Techniker Krankenkasse waren im ersten Halbjahr 2024 Beschäftigte so lange krankgeschrieben wie noch nie in diesem Jahreszeitraum. Auf dem ersten Platz rangierten dabei die Erkältungskrankheiten. Auf Platz 2 bereits die Folgen psychisch bedingter Diagnosen. Werden wir trotz eines modernen Gesundheitssystems immer kranker? Bekannt ist auch, dass die Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz mehrere Monate dauern kann. Laut eines Berichts der Bundespsychotherapeutenkammer aus dem Jahr 2022 vergehen vom Erstgespräch bis zum Therapiebeginn im Schnitt 142 Tage. Auch wenn es hierzu unterschiedliche Studienerhebungen gibt (und ein Gefälle von Stadt und Land), bleiben die Wartezeiten eine Zumutung. Die steigende Nachfrage nach psychologischer Unterstützung zeigt, wie bedeutsam psychologische Hilfe ist.

Die Herausforderung der Positionierung: Ohne klare Ausrichtung kein Erfolg

Ein zentrales Problem für viele Neulinge als Heilpraktiker*in Psychotherapie ist die fehlende Positionierung. Viele Kolleg*innen bieten eine breite Palette an Leistungen an und versuchen, ein möglichst großes Publikum anzusprechen. Diese Strategie führt jedoch oft ins Leere, da Klient*innen nach klaren Angeboten und spezifischen Kompetenzen (für ein klar abgegrenztes Problem) suchen. Im psychotherapeutischen Bereich ist es für Klient*innen wichtig, dass sie das Gefühl haben, bei einem Spezialisten für ihr spezifisches Problem zu sein. Ein breites, unspezifisches Angebot wirkt hier oft weniger vertrauenswürdig.

Heilpraktiker*innen, die erfolgreich sein wollen, sollten sich daher gezielt auf ein Themenfeld spezialisieren und eine klare Nische für sich definieren. Eine solche Positionierung hilft nicht nur dabei, sich in der Öffentlichkeit abzuheben, sondern erleichtert es auch, gezielte Marketingmaßnahmen durchzuführen und das Vertrauen der Klient*innen zu gewinnen. Eine klare Ausrichtung kann etwa darin bestehen, sich auf bestimmte Zielgruppen wie Jugendliche, Senioren oder Paare zu fokussieren. Wer sich durch eine klare Ausrichtung profiliert, kann leichter ein Klientel aufbauen, das sich genau in dieser Nische verstanden und aufgehoben fühlt.

Marketing und Sichtbarkeit: Die Bedeutung einer professionellen Außendarstellung

Ein weiteres Schlüsselelement für den Erfolg als Heilpraktiker*in für Psychotherapie ist das Marketing. Viele Neulinge unterschätzen die Bedeutung einer professionellen Außendarstellung und hoffen darauf, durch Empfehlungen oder Mundpropaganda genug Klient*innen zu gewinnen. Dies reicht in der Regel nicht aus. Die meisten Menschen suchen heute online nach therapeutischer Unterstützung und ohne eine gut gestaltete, informative Website wird es schwer, potenzielle Klient*innen zu erreichen. Heilpraktiker*innen sollten daher nicht nur in ihre fachliche Ausbildung, sondern auch in die Gestaltung eines professionellen Außenauftritts investieren. Eine gut strukturierte Website mit klaren Informationen über die angebotenen Leistungen, den Therapiemethoden und die eigenen Kompetenzen ist eine wichtige Grundlage. Auch Beiträge auf “social media” oder ein Blog, in dem psychologische Themen behandelt werden, können dabei helfen, eine bestimmte Zielgruppe anzusprechen und sich als Expert*in zu etablieren.

Persönliche Entwicklung als Erfolgsfaktor: Die innere Reise als Heilpraktiker*in Psychotherapie

Neben fachlichen und unternehmerischen Fähigkeiten spielt die persönliche Entwicklung eine entscheidende Rolle für den Erfolg. Die Arbeit mit Menschen, die psychische Unterstützung suchen, erfordert ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, Geduld und innerer Stärke. Viele Heilpraktiker*innen berichten, dass sie durch ihre Ausbildung und die Praxisgründung eine intensive persönliche Entwicklung durchlaufen haben. Die Zeit der Ausbildung und Reflexion hat sie selbstbewusster und authentischer gemacht. Die Bereitschaft zur eigenen Reflexion und zur persönlichen Weiterentwicklung ist im therapeutischen Beruf ein wichtiger Faktor. Fachpersonen, die ihre eigenen Stärken und Schwächen kennen und an ihrer emotionalen Stabilität und ihrem Selbstverständnis arbeiten, können eine tragfähige Beziehung zu ihren Klientinnen aufbauen und einen sicheren Raum schaffen. Diese innere Reise trägt nicht nur zur beruflichen Erfüllung bei, sondern lässt auch persönlich wachsen und verleiht dem eigenen Sein Sinn und Tiefe.

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2 Kommentare

  • Oh, jaaa davon kann ich ein Lied singen. Frisch nach der Ausbildung wollte ich es noch nicht wahr haben und dachte, dass “Frauen in beruflichen und privaten Lebenskriegen eine gute Positionierung ist”… Viele Anfragen von sehr schlechter Qualität waren die Folge… Mit der Zeit wurde ich spezifischer und habe mich auf die Behandlung von Opfern von Narzissten spezialisiert. Absoluter Game Changer war für mich persönlich, meine Zielgruppe noch mehr einzuspielen und “Frauen nach einer toxischen Beziehung” zu behandeln und dann keine “Psychotherapie”, sonder “psychologische Beratung und Mentoring” anzubieten. Davor waren noch viele Anfragen von nicht zahlungbereiten Klientinnen, die davon ausgegangen sind, dass die KK die Behandlung übernimmt oder die schon viel zu krank waren und denen ich nicht helfen konnte. Jetzt habe ich zwar deutlich weniger Anfragen, aber 60% davon werden zu Klientinnen (Tendenz steigend).

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