Der hier veröffentlichte Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und übernimmt auch keine Gewähr für den Inhalt. Es ist vielmehr ein Erfahrungsbericht der Dich sensibilisieren soll über die Gefahren die im Internet „lauern“ und die gerne übersehen oder verdrängt werden. Die im Artikel angebrachten Links dienen lediglich der Information.
Ein ganz normaler Tag im Mai
Heute schreibe ich Dir zu einem Thema, dass mich seit vielen Monaten, genau genommen seit Mai 2016 beschäftigt. Da ich mehrere Internetseiten betreibe, benutze ich dort selbstverständlich auch Bilder zur Illustration. Vielleicht ist Dir aufgefallen, dass ich schon seit Beginn diesen Jahres mehr und mehr eigene Bilder verwende. Da ich nicht für jeden Anlass das passende Foto habe, nutze ich auch Bilder von Bildagenturen, die ich dort zur Nutzung käuflich erwerbe. Zur Ankündigung eines Vortrages Anfang des Jahres nutzte ich auch für kurze Zeit das Bild eines Fotografen aus Hessen (gar nicht weit von hier), dass dieser über die Bildagentur pixelio anbot. Ende Mai schickte mir der Fotograf über eine Anwaltskanzlei eine Abmahnung mit der Begründung, ich hätte sein Bild wiederrechtlich verwendet.
Wie kommt es zu einer Abmahnung?
Der Schock war groß, muss ich sagen, hatte ich zwar von verschiedenen Foren gehört, dass es auf Abmahnung spezialisierte Anwaltskanzleien gibt. Wenn es einen selbst trifft, ist es aber noch einmal etwas ganz anderes. Der Fotograf beanstandete einen Verstoß gegen das Urheberrecht, in dem er angab, sein Bild in einem falschen Kontext und eine falsche Kennzeichnung verwendet zu haben. Tatsächlich unterscheidet die Bildagentur pixelio, (so war es zumindest damals) zwei verschiedene Bildverwendungsarten: kommerziell und redaktionell. Da ich das Bild zwar in einem redaktionellen Kontext verwendete (Ankündigung eines kostenlosen Vortrages) das Bild aber auf einer gewerblichen Internetseite veröffentlichte, ist durch die AGB´s bereits eine kommerzielle Nutzung gegeben.
Kennzeichnungspflicht von Bildern
Dazu hatte ich das Bild im Impressum gekennzeichnet. Laut Kennzeichnungsbedingungen der Bildplattform muss dies aber im Bild selbst oder am Ende der Seite gekennzeichnet werden. Somit wurden zwei Sachverhalte beanstandet. Dies hatte ich in den AGB´s nicht richtig gelesen bzw. mir war nicht klar, dass verschiedene Bildagenturen unterschiedliche Kennzeichnungspflichten vorsehen. Da ich Fotos unterschiedlicher Agenturen nutze, hatte ich dies nicht jeweils separat recherchiert.
Was tun bei einer Abmahnung?
Ich erhielt ein Schreiben zur Auskunft der Bildverwendung und eine sogenannte (strafbewehrte) Unterlassungserklärung. Mit der Abgabe dieser Erklärung soll verhindert werden, dass Du das Bild noch einmal wiederrechtlich verwendest. Würdest Du es doch tun, wäre dies ein Verstoß gegen die Erklärung und es würde in diesem Fall eine Strafe (z.B. 4000 Euro, je nachdem was in der Erklärung drinsteht) fällig. Diese ist vorformuliert und liegt dem Schreiben bei. Diese solltest Du aber auf keinen Fall unterschreiben, da es nur ein Formulierungsbeispiel ist! Sinnvoll ist es, die Hilfe eines Fachanwaltes zu Rate zu ziehen, der sich mit den Formulierungen genau auskennt.
Was kann ein Fachanwalt für Dich tun?
Natürlich kostet der Anwalt auch wieder Geld, das ist aber mehr als sinnvoll angelegt da es Dir hilft, eine Erklärung gegenüber der Gegenseite abzugeben die rechtsverbindlich ist aber deutlich besser zu Deinen Gunsten ausfällt. Der Sinn einer Abmahnung ist es, einer möglichen „Klage“ vorzubeugen in dem sich die „Gegner“ außergerichtlich einigen. Die Grundlage der Einigung ist in der Regel der „Schaden“, der in vergleichbaren Fällen und gleichen oder ähnlichen Bedingungen als „Schaden“ anerkannt wurde und drückt sich in einem Geldbetrag aus.
Verstoß gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung
Wie ich bereits oben erwähnte macht es Sinn, Dich bei einer Abmahnung an einen Fachanwalt zu wenden, der mit Dir die strafbewehrte Unterlassungserklärung ausarbeitet. Dies glaubte ich auch zu Tun in dem ich mich an einen Fachanwalt für IT-Recht wendete, der mich bereits bei Vertragsangelegenheiten beraten hatte. Die Pflicht des Anwaltes (Sachverhaltsaufklärung) ist es dabei, den Mandanten über die Rechtslage aufzuklären und mit geeigneten Fragen die benötigten Informationen zu ermitteln. Dies versäumte der Anwalt aber in dem er mir (aus Unkenntnis?) verschwieg, dass das beanstandete Bild auch vom Webserver zu löschen ist, da bereits die noch zu erreichende Bild-URL auf dem Webserver eine (zumindest theoretische) Abrufbarkeit und „Zugänglichmachung“ des Bildes bedeutet.
Verstoß gegen die strafbewehrte Unterlassungspflicht
Ich hatte lediglich den Link zum Bild entfernt. Mit diesem „Fehler“ hatte die „Gegenseite“ gerechnet, da diese auch die „Bild-URL“ notierte und beanstandete daraufhin einen Verstoß gegen die abgegebene, strafbewehrte Unterlassungserklärung, und forderte einen Betrag von knapp 4300 Euro. Du kannst Dir vorstellen, dass dies noch „ein Schock obendrauf“ war. Ich habe dann einen Fachanwalt für Urheberrecht eingeschaltet um den Schaden zu begrenzen. Nun muss ich den „Erstanwalt“ wegen der Unterlassung wichtiger Informations- und Sorgfaltspflichten in Regress nehmen. Ein wichtiger Hinweis bei der Behandlung von „Bildrechten“ ist ebenso, dass Du das Bild auch aus dem „Google“-Cache (falls dort) vorhanden, löschen lassen musst, zumindest dort einen Antrag (am besten dokumentieren mit Screenshots) stellen musst.
https://www.ra-plutte.de/2015/03/vertragsstrafe-wegen-fehlender-loeschung-von-google-cache/
Warum sind die Summen bei Abmahnungen so hoch?
Grund ist hier die gegenwärtige Rechtsprechung. So sprechen die Gerichte bei „Urheberrechtsverletzungen“ regelmäßig hohe Gegenstandswerte zu (5000-6000 Euro pro Bild). Entsprechend rentabel berechnet sich das Anwaltshonorar als prozentualen Anteil davon.
Märchenstunde Teil 1: Keine Abmahnung ohne vorherige Kontaktaufnahme
Schaust Du Dir das ein oder andere Impressum im Internet an, liest Du manchmal den oben genannten Satz, der vor einer Abmahnung schützen soll. Dass dies gefährlicher Unsinn ist und sogar zu einer Abmahnung führen kann, liest Du hier:
https://www.ra-plutte.de/zu-sinn-und-unsinn-von-anti-abmahnklauseln/
Märchenstunde Teil 2: Zitate im Internet sind Allgemeingut und rechtlich unproblematisch, liest man doch dauernd auf Facebook und so
Vielleicht warst Du der Meinung, dass Zitate zum Allgemeingut gehören und diese dementsprechend auch frei verwendet werden dürfen, schließlich macht dies ja (fast jeder). Wenn Du möchtest, gib mal in die Suchmaschine ein: Karl Valentin – Zitate – Abmahnungen. Spätestens dann wirst Du eines besseren belehrt werden. Glaubst Du, das sei ein Einzelfall, ersetze den Namen im Suchstring gegen „Erich Kästner“.
http://www.exali.de/Info-Base/zitate-urheberrecht-abmahnung
Märchenstunde Teil 3: Facebook ist ein rechtsfreier Raum, da kann problemlos auch die Inhalte anderer Seiten teilen
Bereits das Teilen eines sogenannten „Vorschaubildes“ kann in facebook zur Abmahnfalle werden, wenn der Bildinhaber (dies ist in der Regel der Fotograf des Bildes, nicht der Inhaber der Internetseite!) nicht zugestimmt hat.
Wie das möglich ist und Du Dich davor schützt?
Du warst auf einem Konzert und hast mal eben einen „Mitschnitt“ gemacht? Oder vor dem Konzert noch ein Selfie, auf dem auch „dritte“ zu erkennen sind (Stichwort Recht am eigenen Bild, Persönlichkeitsrecht)? Hier kannst Du lesen, was Du unbedingt beachten solltest.
Warum schreibe ich Dir das alles?
Damit Du es anders machst als ich und Du aufgeklärt bist. Ein Schaden von 4000 Euro (das hat es insgesamt gekostet) kann die Haushaltskasse, besonders in der Gründungsphase, ganz empfindlich belasten. Unter Umständen kann es sogar existenzbedrohend sein. Vielleicht überdenkst Du Dein Nutzungsverhalten von social-media Kanälen. Auch beim Teilen von postings kannst Du bereits in eine „Abmahnfalle“ hineinlaufen. Der Artikel möchte aber keine Angst machen, sondern aufklären.
Das Thema beschäftigt mich noch immer sehr. Hinter dieser „Praxis“ steht ein gut gehender Geschäftszweig der möglich wird, da die Gerichte hier hohe „Gegenstandswerte“ (umgangssprachlich „Schadenssummen“) zusprechen, insbesondere im gewerblichen Bereich. Dabei ist es unerheblich, ob der gewerbliche Bereich ein Großkonzern ist oder eine nebenberufliche Selbstständigkeit als Heilpraktiker, Berater, Coach, Dozent, Hospizbegleiter, etc.. Damit Du eine Idee bekommst, in welchem Verhältnis diese Summen bei einer „Bildrechtsverletzung“ stehen, schaue Dir einmal an wie hoch das Schmerzensgeld bei vorsätzlicher Körperverletzung ist:
http://www.schmerzensgeld.info/fallview.aspx?fall_id=f367c4f5-81d8-4673-9b05-416b79809483
Alternativen
Schaue Dir einmal die Fotoplattform „pixabay“ an. Hier gibt es die Möglichkeit, selbst Fotos einzustellen und unter „public domain“ Lizenz gemeinfrei zu veröffentlichen sowie anderen kostenfrei zur Nutzung zu überlassen. Als Nutzer sind die Bilder (fast alle) ohne Kennzeichnung und kostenlos nutzbar (bitte schau in die AGB´s.) Es gibt hierbei keinen hundertprozentigen Schutz vor einer Abmahnung, allerdings ist das Risiko (bisher) sehr gering. Die Auswahl an qualitativ hochwertigen Fotos ist sehr groß und ich nehme an, dass in 2017 die Marke von einer Million Fotos geknackt wird. Auf der sichersten Seite bist Du allerdings, wenn Du stets eigenes Bildmaterial verwendest.
Ausblick
Zu hoffen ist, dass der Gesetzgeber der „gewerbsmäßigen Abmahnindustrie“ durch entsprechende Begrenzungen der Gegenstandswerte die Grundlage entzieht. Dass dies möglich ist, wurde bereits durch die Deckelung der Schadenssummen im Bereich filesharing gezeigt.
Wünschenswert wäre auch, dass die Rechtsprechung im „Internet-Zeitalter“ ankommt. Damit meine ich nicht, dass Rechtsverletzungen zu tolerieren sind, sondern die Nutzung und Verbreitung digitaler Inhalte (das ist das Wesen des Internets und ein großes Standbein unserer Volkswirtschaft!) in eine zeitgemäße Grundlage zu bringen. Mit der leider recht weit verbreiteten Praxis oben wird aus meiner Sicht auch ein ganzer Berufsstand (Fotografen, Anwälte) in Verruf gebracht. Vielleicht bin ich ein Gutmensch oder einfach nur naiv: Traurig macht mich, dass moralisch „fragwürdige“ Verhalten hinter den „Abmahnern“. In meinem Fall wäre es ein leichtes gewesen, mit einer E-Mail auf eine mögliche Rechtsverletzung hinzuweisen und in der Folge dessen die Bilddatei zu löschen. Stattdessen schlägt man „Kapital“ aus dem Fehler (der nicht mutwillig passierte und der aus meiner Sicht vielleicht sogar “provoziert” wurde) eines anderen, selbstverständlich auf gesetzlich sicherem Boden. Dieses Verhalten halte ich für gesellschaftlich „zersetzend“.
Würdest Du Deinem Nachbarn eine Abmahnung schicken, weil er sich gesetzlich „falsch“ verhalten hat? Oder würdest zu ihm hingehen und die Sache „in Ordnung“ bringen? Es geht nach meiner Einschätzung nicht um das “Recht”, sondern ums “Abkassieren”.
Ich freue mich über Deine Meinung und Deinen Kommentar.
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>> Aufbau einer Heilpraktikerpraxis für Psychotherapie
2 Kommentare
Frank Dolzmann
Lieber Peter,
danke für dieses wichtige Teilen deiner Erfahrung. Ich bin gerade selbst dabei meine HPP-website zu gestalten.
Auch ich habe einiges zur kommerzielle Abmahnungsindustrie gehört & gelesen & bin daher eher defensiv in meinen Überlegungen – z.B. nur mit eigenen Fotos zu arbeiten, was zeitlich – klar – aufwändiger ist. Was Zitate betrifft werde ich mich, angeregt durch deinen Artikel, nun genauer erkundigen & mich weiterhin zu eigenen literarischen Ergüssen anregen lassen 🙂
Also nochmals danke & schön, dass es diese Art Unterstützung auch im digitalen Umgang miteinander gibt.
Herzlich Frank
Peter Reitz
Hallo Frank,
ja, eine Website ist ein spannendes Abenteuer :-). Deine Überlegungen finde ich gut und richtig.
Gutes Gelingen für alles! Wenn dein Internetauftritt startklar ist, verlinke ich sehr gerne deine Seite.
Bis dahin, herzlichen Gruß, peter