10 wichtige Säulen, (nicht nur) für Deine Klient*innen und Patient*innen
Die Jahre seit 2020 nehmen viele von uns mit Recht als turbulente Zeit wahr. Zuerst hat Covid19 unser gewohntes Leben gehörig auf den Kopf gestellt. Dann nehmen die kriegerischen Auseinandersetzungen im Ukraine-Konflikt einen großen Raum im Leben der Menschen ein. In diesem kurzen Beitrag möchte ich Dir zeigen, wie wir mit dem Konzept der Resilienz unsere persönliche Widerstandskraft aufbauen und erhalten können. Dies ist nicht nur für unsere Klienten und Patienten wichtig. Im Gegenteil: In einem helfenden Beruf können wir nur geben, wenn wir etwas (Energie, Geduld, Präsenz) zu geben haben. Dazu möchte ich Dir das Konzept der Resilienz erklären.
Was ist Resilienz, lässt sich das lernen und anwenden wie ein Kochrezept?
Kennst Du das: Schaut man die Nachrichtensendungen im Fernsehen (wir haben unseren vor fast 10 Jahren abgeschafft) oder anderen Medien an, könnte man sich den ganzen Tag die Haare raufen. Wo man hinschaut, scheint es Auseinandersetzungen, Not und Unfrieden zu geben. Warum aber lassen sich manche Menschen von all den Schreckensnachrichten einnehmen, während andere scheinbar gelassen ihren Weg verfolgen? Der Schlüssel dazu liegt im persönlichen Mindset. Gemeint ist dabei die Einstellung zu den Dingen und ein innerer „Wertekompass“, der Richtung und Orientierung vorgibt. Und dies lässt uns in schwierigen Zeiten und Belastungen widerstandsfähig sein gegenüber den Unwidrigkeiten des Lebens. In diesem Beitrag möchte ich Dir ein Modell mit 10 Säulen der Resilienz vorstellen. An einfachen Beispielen will ich zeigen, wie wir im Alltag dadurch mehr Qualität und innere Stärke aufbauen können.
Woran erkennt man resiliente Menschen?
10 wichtige Faktoren, die resiliente Menschen praktizieren.
Optimismus
Woran erkennst Du resiliente Menschen? Richtig: Für sie ist das Glas stets halbvoll, statt halbleer. Sie schauen nach vorne und suchen auch in scheinbar schwierigen Situationen nach Chancen und Möglichkeiten. Ihre persönliche Einstellung ist in die Zukunft gerichtet. Anstatt in der nicht mehr änderbaren Vergangenheit verhaftet zu bleiben, geht ihr Blick nach vorne auf das Kommende.
Akzeptanz
„Lasst uns danach streben, die Gelassenheit zu erreichen, die unvermeidlichen Dinge anzunehmen, den Mut zu haben, die Dinge zu ändern, die wir ändern können, und die Weisheit, beides voneinander zu unterscheiden.“ Das sogenannte „Gelassenheitsgebet“ wird unterschiedlichen Autoren zugeschrieben, bekannt ist es sicherlich den meisten von uns. Helmut Schmidt nannte es im sehr vorgerückten Alter einmal sein Lebensmotto. Und es steckt viel Lebenskunst darin: Wenn es uns gelingt, die unvermeidlichen Dinge anzunehmen, dann können wir nach vorne schauen um zu sehen, was wir aus der Situation machen wollen und können. Die Energie des „Nichtwahrhabenwollens“ ist oft eine destruktive und verhindert, dass wir mit klarem Kopf weiterdenken können. Zum Thema Akzeptanz denkt es mir oft an die Bäuerin des Bergbauernhofes, bei dem ich vor vielen Jahren in den Ferien in Südtirol arbeitete. Die Arbeit musste unter schwierigsten Bedingungen verrichtet werden. Ein wichtiges Lebensmotto war für sie: Glücklich ist wer vergisst, was nicht zu ändern ist.
Lösungsorientierung
Natürlich können wir den ganzen Tag über die Not und das Elend lamentieren. Sei es unser eigenes oder das des „Weltschmerzes. Selbstverständlich gibt es überall auf der Welt Ungerechtigkeit. Resiliente Menschen verfangen sich aber nicht in „Rechthaberei“ und „Kleinkriegen des Alltags“. Der Blick geht zu (möglichen) Lösungsmöglichkeiten. Das Zauberwort heißt hier „Selbstwirksamkeit“: Was kann ich selbst zu einer Lösung beitragen oder kann, anstatt Teil eins Problems, Teil einer Lösung werden? Dazu passt auch der nächste Punkt:
Raus aus der Opferrolle, Verantwortung übernehmen
Es ist nur allzu leicht, den Anderen (Menschen, Umständen, Regierungen) die Schuld für vieles (oder gar alles) zu geben: Helfen wird es uns aber nicht. So sehr wir uns eine bessere Welt oder gar den Weltfrieden wünschen: Die Aufgabe wäre für einen Menschen viel zu groß und übermächtig. Aber wir können in unserem persönlichen Umfeld kleine Schritte gehen und das eigene Leben sowie das Anderer positv(er) gestalten. Hier hilft: Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Allzu gerne möchten wir die Verantwortung abgeben an die Politik, Institutionen, die Krankenkassen oder wen auch immer. Wer selbstverantwortlich lebt und ebensolche Entscheidungen trifft, kann richtig oder falsch liegen. So können wir aber bei einem Misserfolg aus dem Geschehenen lernen. Bei einem Erfolg dürfen wir uns aber auch genauso auf die Schulter klopfen. Wer keine Entscheidungen trifft, hat sich trotzdem für etwas entschieden. Nämlich dazu, den Status Quo zu behalten, auf bessere Zeiten zu warten oder sich dem „Prinzip Hoffnung“ zu ergeben.
Beziehungen
Während jegliche Währungen mal mehr oder weniger großen Schwankungen ausgesetzt sind (ähnlich wie die Börse), gibt es eine Währung deren Wert (und Wichtigkeit!) immer weiter steigt: Gemeint sind (gute) Beziehungen. So können negative oder gar „toxische Beziehungen“ wahre Lebensfreude- und Energiefresser sein. Hier dürfen wir schauen, ob wir Disharmonien abbauen können oder uns gar von Menschen, die uns überhaupt nicht gut Tun, trennen. So gibt es in meinem persönlichen Umfeld eher wenige, aber dafür qualitativ hochwertige Beziehungen, die mir überaus wichtig sind und die ich darum gerne pflege. In meinem beruflichen Umfeld bedeutet es für mich, zu schauen, was ich für andere aus meinem Wissens- und Kompetenzfundus tun kann. Für mich persönlich gilt hier der Grundsatz: Erst Geben, dann Nehmen. In Beziehung sein bedeutet für mich aber auch der nächste Punkt
Sich selbst ein*e gute*r Freund*in sein können
Vielen Menschen fällt es schwer, sich selbst zu mögen. Das hat ganz und gar nichts mit Narzissmus oder einem großartigen Gefühl von „Einmaligkeit“ zu tun. Gemeint ist eher, sich selbst anzunehmen, mit all den Stärken, Schwächen und auch Eigenheiten, mit all den „Schrulligkeiten“ und Kuriositäten oder gar „Abweichungen“ von einer scheinbaren Norm. Ich glaube, dass dies ein Prozess ist und es lohnt sich immer, hier auf dem Weg zu sein.
Neues lernen
Was treibt Dich persönlich an? Gib es etwas, was Du in Deinem Leben schon immer machen wolltest? Du wolltest schon immer eine bestimmte Sprache lernen oder mit dem Fahrrad in ein anderes Land fahren? Dich hat schon immer der Gedanke fasziniert, einen Fallschirmsprung zu wagen oder im Wald zu übernachten? Schieb es nicht auf! Suche nach Möglichkeiten und Ideen, es umzusetzen. Selbst wenn es nur kleine Schritte sind, können sie Dich motivieren und kleine Erfolge spornen an, mit Spaß an der Sache dranzubleiben.
Engagement
Sich für eine Sache zu engagieren, die größer ist als man selbst kann uns helfen, uns von unseren „alltäglichen Sorgen“ (in wohltuender Weise) abzulenken. Am besten noch, man arbeitet gemeinsam mit anderen an einer gemeinsamen Sache oder einem größeren Ziel. Das kann ein Ehrenamt sein, eine Tätigkeit in einem Verband oder die freiwillige Mitarbeit an der Hausaufgabenbetreuung einer Schule.
Zufriedenheit
Noch nie in der Geschichte der Menschheit gab es die Möglichkeit, sein Leben in diesem Ausmaß selbstbestimmt zu gestalten. Diese grenzenlosen Möglichkeiten können aber auch überfordern und die Menschen gierig und maßlos werden lassen. So bedeutet für mich Zufriedenheit wahre Lebenskunst. Zu dieser gehört für mich auch noch die Bescheidenheit. Ich nehme bescheidene Menschen ganz und gar nicht eingeschränkt oder gar glücklos war. Ganz im Gegenteil: Bescheidenheit kommt für mich von Bescheid wissen. Nämlich über das, was ich (wirklich) zum Leben brauche damit es mir gut geht und ich mich in meinem Leben angekommen fühle.
In Bewegung sein
Wusstest Du, dass wir in Deutschland ein Volk von „Bewegungsmuffeln“ sind? Und dass die Hälfte der Frauen und zwei Drittel der Männer Übergewicht haben? Wir haben uns in unserem Leben aus „Bequemlichkeit“ eingerichtet. In Bewegung zu sein bedeutet, frische Luft zu atmen, Deinen Körper zu stärken, die Sinne zu schärfen und sich lebendig (und verbunden) zu fühlen. So ist es für unseren Körper (fast) eine Zwangshaltung, den ganzen Tag zu sitzen. Es ist schlichtweg unnatürlich und wir sind dazu evolutionär nicht eingerichtet. Bewegung stärkt uns und damit unsere (körperliche) Widerstandskraft. Dabei muss es überhaupt kein Leistungssport oder Ähnliches sein. Vielleicht hast Du Spaß an Spazierengehen oder Fahrrad fahren. Vielleicht macht Yoga Dir Freude oder Du spielst mit Begeisterung Volleyball? Wichtig ist dabei die Regelmäßigkeit und das Tun.
Was für mich zur Resilienz noch dazu gehört…
Neben all diesen „hard facts“ möchte ich noch einen wichtigen Punkt erwähnen, der für mich etwas mit Muße zu Tun hat: Was sind für Dich die schönen Dinge des Lebens, welche Dich immer wieder staunen lassen? Was sind die „kleinen Dinge“, die Dich jedesmal aufs neue über das „Wunder des Lebens“ demütig werden lassen? Für mich ist es die Beobachtung von Phänomenen, die uns jeden Tag umgeben. Sei es der Sternenhimmel in einer klaren und kalten Nacht, der Spaziergang im Wald oder eben die Beobachtung von Vögeln. Etwas, das ich seit einiger Zeit sehr gerne betreibe: So werden durch unsere Futterstation im Garten Vögel angelockt, die ich schon seit meiner Jugendzeit nicht mehr gesehen habe. Dabei waren sie immer da, ich habe sie nur nicht wahrgenommen.
Du hast einige inspirierende Beispiele zur Stärkung Deiner persönlichen Resilienz aufnehmen können? Das würde mich sehr freuen. Vielleicht bist Du der Meinung, dass doch noch etwas ganz wichtiges fehlt? Möglicherweise hast Du auch ein ganz persönliches “Resilienzrezept”, welches Du gerne mit uns teilen möchtest? Dann schreibe gerne einen Kommentar, ich würde mich freuen!
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2 Kommentare
Peter Reitz
Vielen Dank Franziska!
Franziska
Sehr inspirierender und aufbauender Artikel! Bescheidenheit=Bescheid wissen – das Bild gefällt mir 🙂