Und wie ist das so, wenn Sie da einen „Dreier machen“?
In der Welt von Coaching, Beratung und Psychotherapie geht es um das Vertrauen und die tiefgreifende emotionale Arbeit zwischen Klient*innen und Therapeut*innen. Doch was passiert, wenn die Grenze zwischen professioneller Hilfe und voyeuristischem Verhalten verschwimmt?
Voyeurismus, das heimliche Beobachten intimer Details aus dem Leben Anderer, kann in der therapeutischen Praxis eine gefährliche und ethisch bedenkliche Dimension erreichen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten von Voyeurismus aus der Sicht von Therapeut*innen.
Oft erzählen Menschen in Beratung und Therapie persönliche Details aus ihrem Leben oder dem Leben Anderer, das liegt in der Natur der Sache und zeugt meist von großem Vertrauen in die gemeinsame Entwicklungsarbeit. Seien es finanzielle Angelegenheiten, religiöse Überzeugungen, Parteimitgliedschaften, Verbotenes oder aber intime Details und sexuelle Vorlieben. Wie weit darf ich in Coaching oder Therapie bei solch persönlichen Geheimnissen nachfragen? Wo fängt hier für den Coach oder die Therapeutin der Voyeurismus an?
Die Natur des Voyeurismus in der therapeutischen Praxis
Voyeurismus in der Therapie bedeutet nicht das physische Beobachten intimer Handlungen. Es umfasst eher das Ausnutzen der emotionalen und psychologischen Verletzlichkeit der Klient*innen. Therapeut*innen haben gerade bei längerer Zusammenarbeit Zugang zu den tiefsten Gedanken, Gefühlen und Geheimnissen, was eine besondere Verantwortung mit sich bringt. Der Missbrauch dieses Vertrauens, sei es aus Neugier oder aus dem Bedürfnis nach emotionaler Stimulation, ist eine schwerwiegende Verletzung der ethischen Grundsätze.
„Wie ist das dann so, wenn Sie einen Dreier machen, sind sie da eher passiv oder aktiv?
Grenzüberschreitendes Verhalten in Beratung und Therapie äußert sich oft in unangemessenen Fragen, die über das therapeutische Ziel hinausgehen, oder in einem ungesunden Interesse an den intimen Details des Lebens von Klientinnen. Ein weiteres Warnsignal kann sein, wenn Therapeut*innen persönliche Befriedigung oder Vergnügen aus den Geschichten und Erfahrungen ihrer Klient*innen ziehen, anstatt sich auf deren Heilung und Wohlbefinden zu konzentrieren. Solche Verhaltensweisen untergraben die therapeutische Beziehung und das Vertrauen, das Menschen in ihre professionelle Begleitung setzen.
Erkennen von voyeuristischem Verhalten in Beratung und Therapie:
Wichtige Fragen, welche Dich als professionelle Begleitung stets anleiten dürfen sind zum Beispiel: Wozu dient meine Frage? Führt sie dazu, dass der Klient sich besser versteht? Hilft sie, einen Sachverhalt bezogen auf ein Anliegen oder Ziel hintergründiger zu beleuchten? Kann die Antwort auf gestellte Fragen einen Erkenntniszuwachs für die Menschen bringen? Ist die Erfragung von (intimen) Details wichtig, um ein weiteres Verstehen für mich und die Klientin zu ermöglichen? Stärkt dies unsere Zusammenarbeit und den Vertrauens- und würdevollen Rahmen?
Ethische Richtlinien und Professionalität im eigenen Handeln
Die Einhaltung strenger ethischer Richtlinien ist entscheidend, um voyeuristisches Verhalten zu verhindern. Berufsverbände wie die American Psychological Association (APA) und die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) haben klare Verhaltenskodes, die den Schutz der Privatsphäre und die Würde von Klient*innen gewährleisten sollen. Therapeutinnen sind gut beraten, wenn ihre Praxis diesen Standards entspricht. Dazu gehört auch, sich der eigenen Grenzen und der potenziellen Machtgefälle in der therapeutischen Beziehung bewusst zu sein.
Vorbeugen von voyeuristischem, übergriffigem Verhalten
Selbstreflexion ist ein wesentliches Werkzeug für Therapeut*innen, um voyeuristische Neigungen zu erkennen und zu vermeiden. Regelmäßige Reflexion über die eigenen Motive und Verhaltensweisen kann helfen, sicherzustellen, dass das Wohl der Klient*innen immer im Vordergrund steht. Bin ich mit mir und meinen Bedürfnissen und Wünschen im Reinen? Gibt es unausgesprochene Fantasien für mich (und wo wäre ein Platz, diese ohne einen Schaden für andere auszuleben)? Welche Tabus gibt es und bringe ich diese (vielleicht unbewusst) in das therapeutische Setting hinein? Supervision bzw. Intervision kann eine weitere Möglichkeit sein, im professionellen Rahmen (mich selbst besser kennenzu-)lernen und auch eigene Begrenzungen oder blinde Flecken zu erkennen bzw. zu hinterfragen.
Maßnahmen zur Prävention und Intervention: Vertrauen wiederherstellen
„Sagen Sie mal, Sie sind ja ganz schön neugierig mit Ihren vielen Detailfragen!“
Wenn voyeuristisches Verhalten aufgedeckt wird, ist der Schaden für die therapeutische Beziehung oft erheblich. Das Vertrauen kann stark beeinträchtigt sein und die Transparenz und die eigene Verantwortung gegenüber unangemessenem, übergriffigem Verhalten ist wichtig. Möglicherweise kann die Behandlung nicht fortgesetzt werden. Die Wiederherstellung des Vertrauens erfordert Zeit und ein klares Bekenntnis zu ethischem Verhalten und professioneller Integrität.
Deine Verantwortung in Coaching, Beratung und Psychotherapie
Voyeurismus stellt eine ernste Bedrohung für die Integrität der therapeutischen Praxis dar. Wir, als professionelle Begleitung, tragen die Verantwortung, das Vertrauen und die Würde unserer Klientinnen zu schützen und ethische Standards strikt einzuhalten. Durch Selbstreflexion, Supervision und die Einhaltung klarer professioneller Grenzen können wir sicherstellen, dass unsere Arbeit stets im besten Interesse der Klient*innen erfolgt. Nur so kann eine vertrauensvolle und heilende therapeutische Beziehung aufgebaut und aufrechterhalten werden.
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